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Werkschau 2023 — Dominik Zietlow

Abstände faszinieren ihn, erzählt Dominik Zietlow, die Pausen nach den ekstatischen Momenten, die schwarzen Bilder zwischen den Frames und die Energie, die in den Zwischenräumen pulsiert. Wir sitzen in seinem temporären Atelier nahe dem Bahnhof Zürich. An den Wänden hängen Fotos von aktuellen Projekten sowie Filmplakate, auf dem Tisch vor den Bildschirmen liegen aufgeschlagene Notizbücher. Mit Abständen hat sich der Künstler bereits in seiner ersten Videoarbeit auseinandergesetzt, in der er drei Schlagzeuger beim Auftritt beobachtet und die Momente vor und nach einer Klimax festhält. Die Improvisation in der Musik hat einen grossen Einfluss auf die Arbeitsweise des Künstlers: Er legt den Rahmen fest und gibt dann die Kontrolle ab.

Dominik Zietlow hat Fotografie studiert und arbeitet bis heute mit diesem Medium. Während jedoch ein Foto immer zweidimensional bleibt, erschliessen sich ihm bei der filmischen Geräuschkulisse neue Räume. Das Wechselspiel zwischen Ton und Bild fasziniert ihn, erklärt er, und schliesst das Fenster, damit sich die Tonspur unseres Gesprächs nicht mit dem Lärm der Baustelle draussen auf der Gasse vermischt. Er sucht jeweils den dringlichen Kern eines Projekts und lässt sich davon antreiben. Der Künstler arbeitet in unterschiedlichen kollaborativen Gemeinschaften, in denen verschiedene Positionen und handwerkliche Fähigkeiten zusammenfinden. In seinem Arbeitsalltag bewegt er sich zwischen Zürich und Paris; diese zwei Städte seien für ihn ein Katalysator, um Fragen zu erkennen und sie in produktive Energie zu verwandeln. Dominik Zietlow steht auf und schenkt Kaffee aus dem kleinen, elektrischen Kaffeekocher nach. Den kann man auch im Zug an den Strom stecken – das sei superpraktisch.

Durch einen längeren Spitalaufenthalt und den plötzlichen Tod eines Freundes drängten sich gewisse Themen in den Vordergrund, andere verblassten. Eine Priorisierung sei wichtig, erklärt der Künstler. Taube Feuer beschäftigt sich deshalb mit sozialen Netzen und Strukturen, deren Pflege in unserer Gesellschaft oft zu kurz kommt. Die Videoarbeit beobachtet fünf telefonierende Menschen an fünf neuralgischen Orten in Zürich. Durch die kaum sichtbaren In-Ear-Kopfhörer und die physische Absenz eines Gegenübers werden die Protagonist:innen zu im Leeren gestikulierenden Figuren. Zietlow bedient die Kamera, schwenkt, zoomt, fokussiert und lässt die Szene als Performance erscheinen. Die Arbeit verwischt die Grenzen zwischen Fiktion, Dokumentation und künstlerischer Handschrift. Derweil richtet die Tonspur ihren Fokus abwechselnd auf Raum oder Gespräch und aktiviert die Imagination der Rezipient:innen. Die Arbeit bricht so mit filmischen Konventionen und macht Sehen und Hören anders wahrnehmbar. Taube Feuer ist das feinfühlige Porträt einer Stadt und schafft intime Momente – und neue Abstände.

Dominik Zietlow (*1988, Luzern) lebt in Paris und Zürich. Seine Praxis entfaltet sich zwischen zeitgenössischer Videokunst und seiner Tätigkeit als Kameramann und Regisseur im Bereich des Films. Er erforscht die Darstellung einer Wirklichkeit, die durch das filmische Handwerk und die konzeptuelle Herangehensweise neu komponiert wird. 
2013 Bachelor in Medien und Kunst mit Vertiefung Fotografie an der Hochschule der Künste (ZHdK). Anschliessend Projekterfahrungen in Mexiko, Bhutan und Burkina Faso. Einzelausstellungen unter anderem: Coalmine Winterthur; Kunstraum Kreuzlingen; sic! Elephanthouse Luzern. Gruppenausstellungen: Helmhaus Zürich; Kunstmuseum Luzern; Parque Cultural de Valparaiso Chile; Casa Lechmann Graubünden. 2019 Rechercheaufenthalt in Patagonien mit Unterstützung der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia. 2021 Atelierstipendiat Visarte Zentralschweiz, Cité International des Arts Paris.

Institutionen

Titel Land Ort Details
Museum Haus Konstruktiv
Schweiz
Zürich
Zürich

Autor:innen

Details Name Portrait
Ava Slappnig

Künstler:innen

Details Name Portrait
Dominik Zietlow

Ausstellungen / Events

Titel Datum Typ Ort Land Details
Werkschau 2023 - Ausstellung Zürich Schweiz
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Ausstellung
Zürich
Schweiz