“turn around, turn around, turn around" (Cécile Monnier) / "Antarctic Archive" (Janis Polar)
Das Photoforum freut sich das Jahr 2025 mit zwei besonderen Ausstellungen einzuleiten. Arctic Archives von Janis Polar und turn around, turn around, turn around von Cécile Monnier laden dazu ein, unsere Beziehung zur natürlichen Welt neu zu betrachten. Während Polar die kolonialen und geopolitischen Narrative rund um die Antarktis kritisch hinterfragt, beleuchtet Monnier die Ambivalenz menschlicher Praktiken wie das Fliegenfischen und reflektiert in einer neuen Arbeit ihre persönlichen Wurzeln und deren Einfluss auf ihr Verhältnis zur Natur.
Die Projekte der beiden Kunstschaffenden stehen in einem thematischen Dialog, ergänzt durch eine Recherchebibliothek und einen thematischen Text der Autorin Ann Mbuti. Gemeinsam eröffnen sie neue Perspektiven auf die Frage: Wie positionieren wir uns als Menschen gegenüber der natürlichen Welt?
Diese Frage bildet den passenden Auftakt zu unserem Jahresthema 2025. Dieses erforscht unter dem Titel «Reclaim the Narrative!» die transformative Kraft der Fotografie und ihre Fähigkeit, gesellschaftliche Debatten anzustossen, persönliche Erzählungen zu hinterfragen und neue Perspektiven auf zentrale Herausforderungen unserer Zeit zu eröffnen.
Cécile Monnier befasst sich in ihrer Arbeit mit der Frage, wie menschliche Praktiken und persönliche Erinnerungen unsere Beziehung zur „Natur“ prägen. Durch die Kombination von Fotografie und Installation sucht sie nach neuen Wegen, um das Lebendige sehen zu lernen und unsere Beziehung zu ihm zu überdenken.
Die Ausstellung zeigt zwei Arbeiten, die Cécile Monniers persönliche und künstlerische Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen Mensch und Natur vertiefen. In „Tout est fichu comme un sandwich à la soupe“ beschäftigt sie sich mit der Praxis des Fliegenfischens – einer symbolischen Schnittstelle zwischen den Menschen und ihrer Umwelt. Sie interessiert sich dafür, wie die Angler diesen Lebensraum, den Fluss, pflegen und ihn gleichzeitig stören. Fotografien von handgefertigten künstlichen Fliegen (welche als Köder verwendet werden), kombiniert mit einer Videoinstallation, hinterfragen die Ästhetik und Ambivalenz einer Tätigkeit, die den Menschen mit einem Lebensraum und einem Ökosystem verbindet, aber auch die Machtverhältnisse und Abhängigkeiten zwischen ihnen offenbart.
In „turn around, turn around, turn around“, einer Langzeitarbeit, blickt Cécile auf ihre eigene Vergangenheit zurück. Die Installation, in der Bilder als fortlaufende Bänder von der Decke hängen, ist nicht nur eine visuelle Hommage an ihre Kindheit auf dem Land, sondern auch eine Reflexion darüber, wie unsere Erfahrungen unsere Beziehung zur Natur prägen. Auch hier sind die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen dem Menschen und dem, was er beobachtet, kultiviert oder züchtet, komplex. Cécile sieht in den Erinnerungen an das Landleben eine Verbindung zwischen individueller Verantwortung und der dringenden und universellen Notwendigkeit, unsere Beziehung zur Welt neu zu überdenken. Diese Arbeit dient als Prolog zu ihrem künstlerischen Ansatz, indem sie den Dialog zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart sowie zwischen dem Menschen und anderen Lebewesen betont.
In Antarctic Archives untersucht Janis Polar, wie die Antarktis als „letzte unberührte Naturgrenze“ konstruiert wird – um dann mit diesem Bild zu brechen. Seine Arbeit hinterfragt die Gewalt der Entdeckung sowie geopolitische, ökologische und koloniale Erzählungen, die diesen Kontinenten prägen. Dabei beleuchtet er die Rolle technologischer und kultureller Konstruktionen sowie die Macht von Bildern in der Wahrnehmung von Naturräumen. Antarctic Archives experimentiert mit verstrickten Zwischenräumen, Lücken und Ambivalenzen der Geschichts-, Gegenwarts- und Zukunftsschreibung künstlerisch und fragt: Wofür vermessen wir die Welt eigentlich noch?
Die Arbeit setzt sich kulturwissenschaftlich und audiovisuell intensiv mit Mehrfachrollen der Antarktis auseinander: als Forschungsobjekt,als politischer Raum, als Lebensgrundlage für das Nicht-Menschliche und Menschliche. Janis Polar reflektiert, wie wissenschaftliche Technologien genutzt wurden, um die für Menschen verborgene Welt unter dem Eis sichtbar zu machen – und wie diese Entdeckungen oft ambivalent bleiben oder zugleich koloniale und geopolitische Interessen wecken können. Dabei thematisiert er auch, wie Menschen und Nationen durch ihre technischen Errungenschaften nicht nur ‘Natur’ kartieren, sondern auch manipulieren und instrumentalisieren.
Gleichzeitig spürt Janis Polar der Frage nach, wie das Narrativ der Antarktis als „unberührtes“ Terrain, als gefrorene Wüste, auch die tatsächlichen Machtkämpfe um diese Region verschleiern können. Seine Arbeit legt offen, wie Vorstellungen und Bilder von Eigentum, Kontrolle und Entdeckung die Wahrnehmung der Antarktis prägen und damit auch unsere Beziehung zur natürlichen Welt unterschiedlich beeinflussen.
Die Ausstellung kombiniert Janis Polars eigenes Filmmaterial, wissenschaftliche Bilder und , Archivmaterial sowie immersive Klanglandschaften, die in Zusammenarbeit mit dem Taonga Puoro Māori-Komponisten Jerome Kavanagh Poutama entstanden sind. Diese auditive Ebene gibt der Antarktis nochmals eine andere „Stimme“ und lädt das Publikum ein, die Region nicht nur als leere Landschaft, sondern als aktiven Akteur in globalen Narrativen wahrzunehmen.
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Cécile Monnier / Janis Polar | Hinweis | Kunstbulletin 4/2025 |
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