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Über das Portraitmalen äußerte sich Otto Dix 1965 wie folgt: »Wenn man jemanden portraitiert, soll man ihn möglichst nicht kennen (...) Ich will (...) nur das sehen, was da ist, das Äußere. Das Innere ergibt sich von selbst. Es spiegelt sich im Sichtbaren.« Was aber, wenn sich ein Maler gegen dieses Konzept von der Schau des wahren, verborgenen Wesens eines Menschen verwehrt? Was, wenn wir es mit einer Serie immer gleicher Portraits zu tun haben, in der die Dargestellten keine individuellen Merkmale zeigen? Was, wenn die genaue Erfassung des Äußeren wahre Triumphe feiert, die Malerei selbst sich aber gegen jede Durchdringung der glatten Oberfläche sperrt?

Seit 2008 arbeitet der Freiburger Malers Thomas Kitzinger (*1955) im eigenen Auftrag an seiner potentiell unendlich angelegten, aktuell 100 Arbeiten umfassenden Serie »24.10.1955«. Dabei handelt es sich um frappierend lebensecht gemalte Brustbilder stets gleichen Formats (70 x 50 cm), die Menschen aus dem Umfeld des Künstlers in stets derselben ›Versuchsanordnung‹ zeigen. Alle Dargestellten sind, ohne besondere Gestik oder Mimik, unter immer gleichem Oberlicht, streng frontal und scharf umrissen, vor einem ›leeren‹, der Zeit enthobenen, türkisgrünen Hintergrund, in einem weißlichen T-Shirt, ohne schmückendes Beiwerk, den Blick geradeaus direkt auf den Betrachter gerichtet, dargestellt.

Was aber treibt einen Maler an, solch ein Konzept über Jahre hinweg zu verfolgen? Indem der Künstler die Vielfalt seiner Portraits seriell und konzeptuell anlegt, wird der Betrachter gewahr, dass es Kitzinger »mehr um Variationen eines Themas als um den einzelnen Menschen« geht. »So unterschiedlich und unverwechselbar jedes von Kitzinger gemalte Gesicht ist, so wenig wird doch suggeriert, die genaue Wiedergabe physiognomischer Details solle Zugang zum Innenleben des jeweils Porträtierten liefern«(Wolfgang Ulrich, 2020). Damit überkreuzen sich in Kitzingers Kunst zwei überaus aktuelle Diskurse zur anregenden Herausforderung für jeden Ausstellungsbesucher: Was eigentlich macht, jenseits der äußeren Erscheinung / Hülle, die Identität eines Menschen aus? Und: Ist diese sichtbar? Andererseits: Was kann, zeigt und ist Malerei heute?

Zur Eröffnung der Ausstellung sprechen:
Bernd Häusler, Oberbürgermeister Stadt Singen (Hohentwiel)
Christoph Bauer M.A., Leiter Kunstmuseum Singen

Der Einritt ist frei!
Teilnahme nur mit Anmeldung unter: +49 (0)7731 85 269 / kunstmuseum@singen.de

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Kunstmuseum Singen
Germany
Singen
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