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marytwo freut sich, The House That Judd Built zu eröffnen, eine Ausstellung über «Eichholteren»,

ein ehemaliges Gasthaus am Vierwaldstättersees, umgebaut von Donald Judd.

Um nach Eichholtern zu gelangen, bewegte man sich damals wie auch heute durch ein arg

zersiedeltes Ufergebiet an einem Seitenarm des Vierwaldstättersees. Es ist eine Gegend, in

welcher der individuelle Traum vom privaten Eigenheim höher gewichtet wird als ein kohärentes

Landschaftsbild. Man passiert eine Unzahl molekülartig zusammengesteckter Hauskonglomerate

und gekünstelter Kleingärten, die allesamt nur noch wenig von der ländlichen Anmut dieser

hügeligen Gegend erahnen lassen. Etwas abseits des Gemenges steht auf einem breiten

Wiesenplateau mit Seezugang die stattliche Liegenschaft, welche 1943 als Hotel und

gutschweizerische Wirtsstube erbaut worden war und rund vierzig Jahre lang die sonntäglichen

Spaziergänger*innen aus der Gegend zu einer kühlen Rast mit Pilatusblick einlud. Als Judd das

Haus 1986 erstmals sichtete, bezeichnete er es lapidar als «a Swiss farmhouse gone wrong».

Dennoch muss er in der architektonischen Beschaffenheit des Gebäudes und in seiner Relation

zur Landschaft ein auszuschöpfendes Potenzial erkannt haben. Judd fasste schnell den

Beschluss, das Haus seinen Visionen entsprechend umzubauen und es fortan während seiner

teils mehrmonatigen Aufenthalte in der Schweiz als Wohnsitz zu nutzen.

Der Umbau fand etappenweise zwischen 1989 und 1994 unter Mitwirkung des jungen Zürcher

Architekten Adrian Jolles statt. Das Fotografenduo Franziska und Bruno Mancia dokumentierte

das Gebäude nach vollendetem Umbau mit einer 4x5’’-Fachkamera. Diese Architekturansichten,

die bislang nur in vereinzelten Publikationen gedruckt oder als Einzelstücke im Rahmen weniger

Judd-Retrospektiven gezeigt worden sind, stellt marytwo nun in der Ausstellung The House That

Judd Built zum ersten Mal gesamthaft in Form einer neunzehnteiligen Serie grossformatiger

Inkjet-Drucke aus. Der kunsthistorische Wert dieser Fotografien ist signifikant, zumal die Tragik

der Geschichte darin begründet liegt, dass Judd niemals Eigentümer der Liegenschaft geworden

war und ein weiterer Besitzerwechsel nach seinem Tod nicht abzuwenden war. Die Fotografien

zeigen daher eine Momentaufnahme eines Gesamtkunstwerks, welches nicht für die Nachwelt

erhalten geblieben ist, und erlauben es, Judds Gestaltungsprinzipien dennoch, zumindest

teilweise nachzuvollziehen.

 

(Ausschnitte aus dem Ausstellungstext geschrieben von Simon Baumberger)

 

Kuratiert von Elvira Bättig und Jack Pryce

Vernissage Freitag 26. April 2024, 18–21 Uhr

Ausstellungsdauer bis am 8. Juni 2024

Infos

Event Type
Exhibition
Date
-
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