Martin Schlegel und Linda Nafzger bei der Arbeit am Flachfilmdrucktisch. Foto: Maidje Meergans.
Arbon — Das lichtdurchflutete Obergeschoss der ehemaligen Webmaschinenhalle des Saurer Werk2 in Arbon bietet reichlich Platz. Dennoch gibt es kaum einen Winkel, an dem sich keine bedruckten Tücher, Farbkübel, Schablonen und allerlei weitere Materialien befinden. In der Mitte des langen Raumes steht das Herzstück der Textildruckerei: der 60 Meter lange Flachfilmdrucktisch einer über hundertjährigen Siebdruckmaschine. Geschäftsführer Martin Schlegel giesst vorsichtig etwas blaue Farbe auf das eingespannte Handdrucksieb. 2008 hat er zusammen mit dem inzwischen verstorbenen Drucker Günter Wassertheuer das seit 1903 bestehende Familienunternehmen aus Suhr (Aargau) übernommen und nach Arbon übersiedelt.
Mittlerweile ist die TDS (Textile Screen Printing) nicht nur die einzige Handsiebdruck-Firma der Schweiz, sondern hat sich international an der Schnittstelle zwischen Textildesign, Handwerk und Kunst einen Namen gemacht. Renommierte Modelabels gehören genauso zur Kundschaft wie Künstler:innen und Textildesigner:innen, welche beispielsweise über das interdisziplinäre Förderprogramm TaDA-Residency nach Arbon kommen. «Teil des kreativen Prozesses ist auch, dass verschiedene Leute hier arbeiten und ausprobieren. Wir können und wollen hier Raum für Experimente bieten, was in einer rein industriell ausgerichteten Textildruckerei nicht möglich wäre. Wenige Meter Stoff aufwändig zu bedrucken ist nicht lukrativ, trotzdem konnten wir beispielsweise schon dreidimensionale Strukturen implementieren», erklärt Schlegel, während er mithilfe des Textildesigners Giulio Gallana vorsichtig die Schablone mit dem Sieb über das eingespannte Tuch führt, um dann sorgfältig und präzise eine Druckschicht zu setzen.
Um die Maschine zu bedienen, braucht es zwei Personen, und so helfen neben der Textiltechnologin Linda Nafzger, welche seit 2018 bei der TDS arbeitet, auch Gäste wie Gallana beim Druckverfahren mit, der über TaDA nach Arbon kam. «Wir lernen täglich Neues dazu. Zurzeit versuchen wir eine Drucktechnik von 1935 zu revitalisieren. Dazu habe ich Zeitzeugen befragt, aber dieses Wissen ist bereits nahezu verloren», erzählt Schlegel und beäugt dabei mit fachmännischem Blick das frisch gesetzte Blumenmuster. Es ist wohl diese Mischung aus Hartnäckigkeit, Neugierde, Technik und ästhetischem Feingefühl, welche die Arbeit des 2023 mit dem Swiss Design Award ausgezeichneten Unternehmens ausmacht.