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Diagnosing Hope 

Gibt es eine Verwandtschaft zwischen Medizin und Kunst?  Beide sind geeignet und gewillt, die Wirklichkeit mit ihren eigenen Mitteln zu vermessen. Hennric Jokeit ist vom Haus aus Neurowissenschafter, und seine fotografische Kunst speist sich aus beiden Quellen. Er schafft dabei Ansichten städtischer Architektur und von Menschen veränderter Natur, die so präzis wie auch geheimnisvoll wirken. Die Negativform, der unter den vom Gehirn wahrgenommenen Mustern eine besondere Rolle zukommt, ist für Jokeits Schaffen seit Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit zentral. Dass diese Bilder reine Negative sind, erkennt der Zuschauer zunächst nicht. Dennoch bewirkt die automatische Aktivierung der Kontrast-Umkehrprozesse im Hirn einen neuen, intensiveren Zugang zu diesem «radiologischen Atlas unerfüllter Verheissungen». Jokeits Diagnose der sich selbst überdrüssig gewordenen Welt mag durchaus melancholische Züge tragen, sie ist jedoch nie ohne Hoffnung. Einer Hoffnung, die oft gerade im Spalt zwischen der Wirklichkeit und dem Wunschdenken angesiedelt ist, wie schon der deutsche Philosoph Adorno in seiner Kritik an Nietzsche festgestellt hat.  Die einzigartige Faszination, die von Jokeits Weltansichten ausgeht, hat mit diesem philosophisch vertieften Verständnis der Wahrheit zu tun: Das Negative zu erblicken, ist unsere einzige Chance, das Positive wirklich zu sehen. Somit ist der Negativraum die Brutstätte unserer Zukunft.

Ewa Hess, New York, 2019

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Hennric Jokeit

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Hennric Jokeit Hinweis Kunstbulletin 11/2020

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