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Wann immer wir uns im 21.Jahrhundert der Farbe auf einem Bildträger zuwenden, tauchen wir als Betrachter in die Geschichte der modernen Malerei ein, stellen Vergleiche und Assoziationen mit Werken der Vorgeschichte an. In der Nachkriegszeit bildete die, gegenstandslose Malerei sowohl in Amerika wie in Europa eine bewusst definierte Zäsur, die sich vom Motiv abwandte und in der Farbfeldmalerei oder auch Monochromie ihren Ausdruck fand.

Die monochrom anmutenden Bilder der koreanischen Künstlerin YeunHi Kim (1955*) lassen sich in ihrer Eigenständigkeit keiner bekannten Kategorie klar zuordnen. Es besteht eine gewisse Verwandtschaft zur Farbfeldmalerei und grenzt sich dennoch davon ab. Wie in der amerikanischen Malerei der 60-iger Jahre tritt in ihren Bildern eine bewusste Reduktion der Bildaussage auf additive Farbflächen auf, die mit fein ausgelotetem Abstand zueinander die Farbnuancen zum Schwingen bringen. Sie thematisiert wie diese auf mehrteiligen aneinander gereihten Bildtafeln die reine Farbe und deren interaktive Spannung.  Dabei sind Ihre Werke befreit vom konkreten Sujet und künstlerischen Gestus. Sie strahlen die reine Form und Farbe aus.

Während die bekannten amerikanischen Farbfeldmaler wie Barnett Newman oder Morris Louis jedwede Assoziationsebene radikal ablehnten, wählt YeunHi Kim die Reduktion, um ein subjektiv gewähltes narratives Moment ins Spiel zu bringen. 

Farbe ist für sie eingebettet in ein größeres allumfassendes Prinzip. Sie versucht mit deren Hilfe eine Übertragung der uns umgebenden Natur auf eine anders geartete emotional nachempfindbare, zeitlose Ebene. Damit nähert sie sich Kim der künstlerischen Gedankenwelt eines Mark Rothko, der mit seinen Bildern bewusst emotional berühren wollte.

Sie erweckt die Kunst des Sehens aus deren Selbstverständlichkeit und vertraut auf die synästhetische Sensibilität des Betrachters, indem sie bereits mit dem Titel Assoziationen an die Natur anklingen lässt. In der Ausstellung begegnet ein Bild mit dem Titel „Herbstlicht“ einem anderen, betitelt als „Fragen an den See“. Oder das Bild „Bergblumen“ reiht sich an das mehrteilige Werk „Kosmeen“ zu einem Strauß an Farbklängen. „Der tiefe See“ grenzt thematisch an das Gebirgsmassiv des „Hochvogel“ und lässt Gedankenassoziationen an die Natur zu, ohne sie konkret im Motiv einzufangen.

Subjektive Landschaftserlebnisse abstrahiert die Künstlerin in einen feinen, transparenten Farbraum, der über sich hinausweist und unsere Sinne berührt.

Ihre Werke scheinen Farbe ein- und auszuatmen, je nachdem wie das Licht darauf fällt. Für diese Transluzidität hat sie eine eigene Technik entwickelt, bei der sie viele Schichten von Reispapier auf einen Holzuntergrund aufträgt, sie wiederholt mit Pigment und Farbe bestreicht, abschleift und zuletzt poliert, so dass durch die vielen Schichten das Licht hindurchfallen und mit der Oberfläche spielen kann. Die vermeintlich monochromen Farbflächen scheinen mit Leben erfüllt zu sein.

YeunHi Kim nimmt folgendermaßen Stellung zu ihrem Werk:

„Die Beschäftigung mit „Natur“ ist immer subjektiv.

So geht es mir um den Blick im Alltag auf die verborgenen Schönheiten der vergänglichen, jedoch sich ewig erneuernden Natur.
Im Detail sind es die Kräfte, die alles hervorbringen, was uns umgibt: Wasser, Erde, Luft, das Wachstum….und nicht zuletzt die Verbindung des Menschen zum Ganzen, eine Sehnsucht nach dem verlorenen Paradies.
Und dann möchte ich meine Arbeiten in ihrer Erscheinung als Gegenstück sehen zu einer sich selbst vernichtenden Konsumgesellschaft, in welcher der Maßstab verloren gegangen ist. Also Schlichtheit als Kraft gegen vermeintliche Vielfalt.“

Gudrun Spielvogel

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Ausstellung
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Yeunhi Kim

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Gudrun Spielvogel
Deutschland
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