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Werkschau 2023 — Malerduo Boskovic-Scarth

Der Besuch im Atelier des Malerduos Boskovic-Scarth an einem warmen Mittwochabend fühlt sich an wie ein Sonntagsausflug, denn Lorenz backt Pfannkuchen. Während er die «Palačinke» für seinen Sohn mit Pilzen füllt, holt Vincent Bier aus dem hinteren Teil der Wohnung, in der er mit einem Mitbewohner lebt. Ich fühle mich gleich wohl, auch weil ich zuletzt in ihrem Nachbarhaus im Kreis 6 gewohnt habe. Zwei- bis dreimal pro Woche kommt Lorenz aus Höngg, um gemeinsam mit Vincent zu malen. Die beiden wirken entspannt und nehmen sich jeweils viel Zeit für ihre künstlerische Arbeit. Dank ihrer Anstellung als Lehrer für Bildnerische Gestaltung und Kunstgeschichte sind sie auf ihre Art freischaffende Künstler: «Die Anstellung gibt uns die Möglichkeit, ohne den Druck des Kunstmarktes zu malen», sagt Vincent. Das Duo arbeitet simultan in stetem Austausch. Ob das auch zu Spannungen führe, frage ich. Lorenz lacht: «Das fragt jeder, aber die positiven Aspekte überwiegen». Denn so bekommen sie schon im Verlauf des Prozesses kritisches Feedback und positive Bestärkung. Als Kunstvermittler lieben sie den Dialog und stellen sich damit gegen den Mythos des Malergenies. Das Duo hat Art Education an der ZHdK studiert, Lorenz ein Jahr vor Vincent. Kennengelernt haben sie sich im Gruppenatelier. Im Sommer 2017 tauschten sie erstmals während eines Malprozesses Bilder aus und haben bis heute nicht damit aufgehört.

Expressive Landschaften, ein Sticker in Wurstform, das narrative Ableben eines Dachses: Für die Werkschau hat das Duo sieben Gemälde aus den Jahren 2019 bis 2023 zusammengestellt, die «völlig neue Zusammenhänge ergeben». Sie breiten die aufgerollten Leinwände und Papierbögen auf dem Boden aus. Acrylfarben sind zu ihrem bevorzugten Medium geworden, weil sie schnell trocknen und sich gut schichten lassen. So können sie farbgetreu direkt in der Natur arbeiten, wie bei dem Landschaftsbild Neujahr 2023. Wenn das Wetter zu schlecht ist, greifen sie auf ihr Bücherregal zurück, das bis unter die Decke mit Kunst- und Biologiebüchern gefüllt ist. Darin studieren sie Pflanzen, Kompositionen und Techniken. Ein kleines Werk der beiden zeigt den Spaltblättling, einen Pilz, der Totholz zersetzt. Vincent vergleicht das mit der Malerei: «Wir zersetzen die Realität. Beim Malen schauen wir ganz genau hin.» Ihre Arbeiten visualisieren Alltagssituationen, wie das Porträt des Künstlers Milenko Lazic, oder sie erzählen Geschichten, wie die vom angefahrenen Dachs, der sich in einen Geist verwandelt. Die Beziehung zu den Herkunftsländern der Eltern – Jugoslawien respektive Italien und England – kommt in Etichetta Paradajz zum Ausdruck. Mit dem Bild verweisen sie auf ihre eigene Geschichte als Secondos in der Schweiz.
Der Atelierraum ist nicht nur durch das grosse Schaufenster mit dem Quartier verbunden. Auch an Marktständen, an denen sie ihre gemalten Sticker verkaufen, treten sie in performativen Kontakt mit den Besuchenden und verkaufen die Sticker als das, was sie darstellen, zum Beispiel eine Wurst mit Augen. Da alles ein Ende hat (ausser der Wurst), verabschiede ich mich aus dem Atelier, um meinen Zimmerschlüssel im Nachbarhaus abzugeben.

Malerduo Boskovic-Scarth (Lorenz Bachofner Bošković, *1990, Windisch, und Vincent Scarth, *1992, Steinebrunn) leben in Zürich.

Institutionen

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Museum Haus Konstruktiv
Schweiz
Zürich
Zürich

Autor:innen

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Claudia Heim

Künstler:innen

Ausstellungen / Events

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Werkschau 2023 - Ausstellung Zürich Schweiz
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