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Cabinet of Curiosities

«Cabinet of Curiosities»

Teresa Chens Insekten-Ordnung

Zarte, zerbrechliche Wesen wie Schmetterlinge, schauderhafte Spinnen wie Monster: Seit geraumer Zeit ist Teresa Chen der menschlichen Wahrnehmung von Insekten auf der Spur. Im Jahr 2010 stellte sie «Captured» vor, analoge Fotografien von Spinnennetzen, welche die Künstlerin bei Tag und Nacht aufspürte und ablichtete. In den aufgefundenen Netzen verfängt sich nicht nur die Beute, sondern auch Blüten, Staub und winzige Körper kleben an den Fäden.

Im Jahr 2013 zeigte Teresa Chen Fotografien von Schmetterlingen. In «Bleeding Butterfly» und «Caligo» gleiten die Falter über Wiesen und Wälder, doch rasch bemerkt man, dass die Tiere Teil einer Sammlung gewesen sein müssen. Tot, aber gut konserviert, pinnte sie die Künstlerin auf Moos oder auf ein Ästchen. Auf ihren farbenprächtigen Flügeln perlen sogar rote Tropfen, und manche Falter scheinen gar in einer karminroten Fläche zu versinken. 

«Man sagt, wer in Eurem Land einen Schmetterling erjagt, sticht eine Nadel durch sein zierliches Leibchen, um ihn auf einem Brett festzunageln», lässt Giacomo Puccini die Geisha Butterfly im ersten Akt singen, um das traurige Ende einer unmöglichen Liebe zu einem Amerikaner von Anfang an sicher zu stellen. Der sterbende Schmetterling ist seither eine berühmte Metapher für die Verfügbarkeit der asiatischen Frau. Für die Fotoarbeit «Butterfly Boxes», ebenfalls von 2013, steckte Teresa Chen deshalb je einen aufgespiessten Schmetterling auf das Gesicht berühmter Darstellerinnen von Madame Butterfly, von denen übrigens keine Japanerin war; aus diesem Grund besitzt jede Box ihren eigenen Untertitel, zum Beispiel «Butterfly Box: Geraldine Farrar (1882-1967) #1». Und schliesslich trägt die Künstlerin selbst den Schmetterling als Maske, vor ihrem Gesicht oder ihrem Geschlecht, als Hommage und als Gegenwehr.

Die neuesten Arbeiten aus dem Jahr 2019, den «Curious Cabinets», setzen sich mit der Entomologischen Sammlung der ETH Zürich auseinander, die zur Zeit digitalisiert wird. Sorgfältig, und erstmals mit einer digitalen Kamera ausgerüstet, hält die Künstlerin die originalen Schaukästen fest, in denen etwa grau melierte Käfer in militärischer Ordnung so aneinandergereiht sind, dass man die Muster ihrer Panzer und deren Variationen detailliert studieren kann. Präzision und Ordnung gehen merkwürdig mit der Grausamkeit der Tötung einher – das Sterben dauert lange –, um die Unversehrtheit des Gegenstands zu erreichen. Die Ästhetik manifestiert sich in der Farb- und Formkomposition sowie der Ornamentik, womit sich die Natur selbst überbietet.

Teresa Chen setzte aber nicht nur Madame Butterfly in ein Machtverhältnis, sondern nun auch die «Curious Collectors», von denen nur wenige weiblich sind. Ihre Porträtfotografien versieht die Künstlerin mit Insekten, welche die Forscher/innen jeweils sammelten und für deren Studium sie bekannt wurden. Zu Objekten geworden, zeigt sie die Künstlerin konsequent in den selben Schaukästen, die vormals den aufgespiessten Käfern, Fliegen und Faltern vorbehalten waren. So kann man sich nun auch über diese Menschen beugen, ihre Karrieren und über die Art und Weise nachdenken, wie sie sich abbilden liessen – ob im Ledersessel oder auf der Pirsch – und dabei allerlei Geschlechterstereotypen beobachten.

Susann Wintsch, 9. Oktober 2019

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Dettagli Name Portrait
Teresa Chen

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sam scherrer contemporary
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