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Gruppenausstellung mit Text-Arbeiten im weitesten Sinne

In der zweiten Frühlingsvariation sind ausschliesslich Arbeiten berücksichtigt, in denen «Text» vorkommt. Bei der Betrachtung der Ausstellung wird schnell deutlich, dass die Texte in den einzelnen Arbeiten ganz unterschiedliche Funktionen einnehmen. Die Arbeiten in der Ausstellung erlauben einen vertieften Blick auf die Erscheinungsformen von Text in der Kunst, vom Plakat bis zur digitalen Umsetzung, vom Found Object bis zur Appropriation.

Von Klodin Erb, der diesjährigen Gewinnerin des Schweizer Grand Prix Kunst / Prix Meret Oppenheim, sind im ersten Raum sieben Malereien zu sehen, die 2017, im Folgejahr der Fertigstellung ihres Films The Sweet Lemon Ballad als dessen fingierte Plakate, entstanden sind. Die Bilder beinhalten subtile Bezüge auf einzelne Filmszenen; eines bezieht sich deutlich auf die Filmproduktionsgesellschaft Paramount Pictures.

Der Mittelraum ist Arbeiten von Anne-Lise Coste gewidmet, die bis zum 17. Juli 2022 die grosse Einzelausstellung Poem Police im Kunsthaus Baselland präsentiert. Nachdem sie in ihrer letzten Galerieausstellung 2021 explizit auf Arbeiten mit Texten verzichtete, sind nun verschiedene Textarbeiten versammelt. Dabei werden Werke aus unterschiedlichen Schaffensperioden gezeigt. In zwei Werkgruppen dominiert das Material Karton. Eine wunderbare 16-teilige Gruppe von Filzstiftzeichnungen beinhaltet performative Aspekte und autobiographische Bezüge, darunter ein grossartiges Selbstbildnis in Bleistift, das Anne-Lise in Happiness wiedergibt.

Im dritten Raum greift ein Banner mit einer Textstelle von Simone de Beauvoir in den Raum. Mit grösster Akribie hat Franziska Furter mittels Faden und Glasperlen eine auf englisch übersetzte Textpassage de Beauvoir’s zu einem Banner gefügt. Zuvor weist ein Dragon Triptychon von Jamie Isenstein den Weg und warnt vor unangenehmen Begegnungen. Das Aquarell Now Appearing! mit geschwungener Rahmenleiste könnte sich auf die Drachen beziehen – nebenan sind wir erneut im Tierreich, diesmal macht sich der Bildtitel 3 Hasen in der vielschichtigen Bleistiftzeichnung von Dieter Roth selbständig.

Bethan Huws Aquarell Late Spring passt nicht nur ausgezeichnet in die Jahreszeit, sondern mit der Darstellung von Marcel Duchamps Flaschentrockner mit zarten Blattenden auch gut neben das 1953 von Marcel Duchamp gestaltete Dada Plakat und Ausstellungskatalog für die Sidney Janis Gallery in New York. Eine Arbeit der Performance Künstlerin Dora Garcia, die man als Assisted Readymade bezeichnen könnte, beschliesst die Werkgruppe auf dieser Wand.

Richard Hamilton’s verblüffende Radierungen Bronze by Gold und How a Great Daily Organ is Turned Out stellen nicht nur besondere Leistungen in der Radierkunst dar, sondern sind subtile bildliche Interpretationen zweier Kapitel des Romans Ulysses von James Joyce. Der Siebdruck nowherenow von Philippe Decrauzat versinnbildlicht die Flüchtigkeit der digitalen Welt.

Den vierten Raum der Galerie prägen zwei minutiös gemalte Bilder von Sebastian Utzni aus der Gruppe der Prediction Paintings. Für das Verständnis dieser konzeptuellen Arbeiten muss man ein wenig ausholen: Vor der Arbeit an den Prediction Paintings fragte Utzni verschiedene Akteure der Kunstwelt, welche Gemälde den Rekordverkauf im Jahr 2019 erreichen würden. Danach benutzte er ein Computerprogramm, um die verwendeten Farben in den von den Expert*innen genannten Bilder zu analysieren. Das Programm filterte aus deren Farbspektrum jeweils fünf Farben heraus. Dabei wurden ähnliche Farben kombiniert, bis fünf übrig blieben. Das Programm verwendet das Farbsystem der 1625 standardisierten RAL-Farben. Die obere Hälfte der Prediction Paintings ist wie Infografiken zu lesen: Die Größe des Kreises gibt die Häufigkeit der verwendeten Farbe an. Da jeder RAL-Farbe eine eindeutige Nummer sowie eine Beschreibung zugeordnet ist, können im unteren Teil die prozentuale Verwendung und der Name der Farben abgelesen werden. Der gemalte Wortlaut der Analyse im unteren Bildbereich liest sich wie Bot-Poesie. Neben diesen Arbeiten befindet sich das Bild DH von David Hominal, das als Selbstbildnis bezeichnet werden kann, da der Künstler seine Initialen auf den silbrigen Grund stempelte. Gegenüber befindet sich ein Multiple von Ian Hamilton Finlay, das durch den Begriff Thermidor und einer durchtrennten Weizenähre auf die Wirren der französischen Revolution anspielt. Thermidor war der Monat im Kalender der Französischen Revolution, wenn die Sommerhitze am intensivsten und das Getreide am reifsten war. Zudem war es, 1794, der Monat als Robespierre und seine politischen Verbündeten den Tod durch die Guillotine fanden.

Die Ausstellung “Text“ vereint eine Vielfalt von Erscheinungsformen von Texten in künstlerischen Arbeiten. Dabei wird deutlich, dass der “Text“ in Kunstwerken unterschiedlichste Funktionen erfüllt: Oft gibt er lediglich den Titel wieder, mitunter erläutert er das Bild und manchmal wird er zum konstitutiven Bestandteil der künstlerischen Arbeit. Für jede Arbeit gilt es, die Aufgabe des Textes neu zu bestimmen: Zu dieser Erkundungstour laden wir das Publikum in der zweiten Frühlingsvariation ein.  

 

Teilnehmende Künstler*innen der Galerie:

Anne-Lise Coste (*1973 in Marignane, nahe Marseille, lebt und arbeitet in Sète, F)

Klodin Erb (*1963 in Winterthur, lebt und arbeitet in Zürich)

Franziska Furter (*1972 in Zürich, lebt und arbeitet in Basel)

Jamie Isenstein (*1975 in Portland, Oregon, USA)

Sebastian Utzni (*1981 in Augsburg, lebt und arbeitet in Zürich)

 

und Gäste:

Marcel Duchamp (*1887 in Blainville-Crevon F, gest. 1968 in Neuilly-sur-Seine, F)

Philippe Decrauzat (*1974 in Lausanne, lebt und arbeitet in Lausanne und Paris)

Doria García (*1965 in Valladolid, lebt und arbeitet in Barcelona)

Ian Hamilton Finlay (*1925 in Nassau Bahamas, gest. 2006 in Edinburgh)

Richard Hamilton (*1922 in London, gest. 2011 in Northend, GB)

David Hominal (*1976 in Evian F, lebt und arbeitet in Berlin)

Bethan Huws (*1961 in Bangor, Wales, lebt und arbeitet in Paris und Berlin)

Dieter Roth (*1932 in Hannover, gest. 1998 in Basel)

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