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Werkschau 2023 — Isabell Bullerschen

«Was ich am Kunstschaffen besonders liebe», erklärt Isabell Bullerschen, «ist die Freiheit, mich mit Dingen zu befassen, die in unserem Alltag normalerweise keinen Platz finden.» Wir sitzen am Schreibtisch des Gemeinschaftsateliers in der Roten Fabrik am Ufer des Zürichsees und blicken auf den Bildschirm ihres Computers. Dieser gibt das Bild einer Flechte frei. Bloss ein winziges Detail für eine ihrer vorangegangenen Arbeiten, dessen Wesen sie gründlich studierte. «Ich komme häufig an den Punkt», führt die Künstlerin ihren Gedanken weiter aus, «an dem ich merke, wie wenig ich doch über unsere Welt weiss, obwohl uns so viel Wissen umgibt.» Ein inhärenter Wunsch, die Welt in all ihren Facetten zu durchdringen, der sich auch in ihrem Werk wiederfinden lässt. Grundlagen bilden meist theoretische Ansätze, die sie in der Praxis künstlerisch überprüft. Der Weg in die Bildende Kunst sei nicht von Anfang an klar gezeichnet gewesen, vertraut mir Bullerschen weiter an. Aus dem wissenschaftlichen Bereich der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation kommend, fand sie schliesslich während ihres Masterstudiums an der Zürcher Hochschule der Künste immer mehr zur künstlerischen Praxis. Nun ermöglicht es ihr die Kunst, rationales und sinnliches Wissen zu verbinden. Ein wichtiger Ausgangspunkt, denn die Künstlerin ist überzeugt: Um ein 360-Grad-Panoramabild einer Sache zu erhalten, benötigt es immer ein Zusammenspiel mehrerer Formen des Wissens.

Thematisch kreisen die Arbeiten von Isabell Bullerschen um den Menschen, um nicht-menschliche Entitäten und Technologien – und wie diese in Beziehung zu ihrer Umwelt stehen. Angelehnt an Thesen Donna Haraways, Karen Barads oder Georges Batailles überprüft die Künstlerin Wirklichkeitskonstruktionen, dekonstruiert diese und schreibt sie um, um schliesslich selbst immer wieder an der Auflösung streng binärer Muster und Kategorien zu scheitern. Der Prozess spielt dabei eine genauso wichtige Rolle wie das Endprodukt selbst, für das die Künstlerin thematische Anstösse in der wachsenden Komplexität unseres Alltags und in der Ambivalenz zwischen menschen- und nicht menschengemachten Lebensbereichen findet.

Das für die Werkschau entwickelte Werk ipseria (Cave of Intelligent Slime) geht auf die faszinierende Virtuosität von Schleim und die Frage nach einer ihm innewohnenden, nichtmenschlichen Intelligenz zurück. Inspiriert wurde die Künstlerin dabei unter anderem vom Schleimpilz Physarum polycephalum, einer einzelligen Amöbe, die trotz fehlenden Gehirns über Gedächtnis, Zeitgefühl sowie räumliche Orientierung zu verfügen scheint und zugleich als Einzeller mit seinen vielen Zellkernen das Konzept von Individuum und Gruppe unterwandert.

Die Arbeit knüpft an die 2021–2023 entstandene Mixed Reality Installation ipseria an und führt in abgewandelter Form deren Gedankengänge fort. Bei ipseria, so auch der Name des virtuellen Hauptcharakters, handelt es sich um einen fiktiven Schleim, der Themen der queeren Natur, Identität sowie sozialen Entität in sich vereint. Wie in den meisten Werken der Künstlerin vermischt das Setting der Arbeit die virtuelle mit der physischen Realität. In der projizierten Videoarbeit sehen wir ein Environment aus eingescannten Strukturen von Höhlenwänden, Pilzmyzelien, Keramiken und Organfragmenten, während im physischen Raum die evozierten Assoziationen von Schleimhaut und Körperinnerem durch grosse Säulen und Lappen aus Latex und Biofolie weitergeführt werden. Bullerschen schafft einen Ort der Begegnung, des «Verwandtmachens» im Harawayschen Sinne, mit uns selbst und mit der fiktiven Figur ipseria, was durch weitere Elemente wie dem von einem Parfümeur eigens kreierten Geruch sowie berührenden Soundkompositionen zu einer multisensualen Erfahrung wird.

Isabell Bullerschen (*1985, Simmern / DE) lebt in Zürich

Ausbildung
2014 – 2017 MA Fine Arts, Zürcher Hochschule der Künste ZhdK
2016 Photographie und Video, School of Visual Arts, New York
2010 –2014 BA, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation, Universität der Künste UdK, Berlin

Auswahl Auszeichnungen
2022 Förderpreis der UBS Kulturstiftung
2021 Freiraumbeitrag Kanton Zürich und Werkbeitrag Pro Helvetia
2019 Förderpreis, Aargauer Kuratorium 

Auswahl Ausstellungen
2023 ‹A City Beyond – Rethinking Co-Habitation›, We Are AIA, Löwenbräukunst, Zürich
2022 ‹Nach dem Winter taut der Schnee›, Hrüze Gegi, Winterthur
2021 ‹ohm›, Former, Brüssel; ‹Werk- und Atelierstipendien 2021 Stadt Zürich›, Helmhaus, Zürich
2020 ‹Corporeality: When can a body be said to exist? ›, Cadre 22, Chur; ‹Moultpoesie›, Lyon
2019 ‹Auswahl 19›, Aargauer Kunsthaus, Aarau; ‹LUFF Lausanne Underground Film Festival›, Lausanne; ‹RAZOR CORTEX›, Kein Museum, Zürich (solo)

Instituzioni

Titolo Paese Località Dettagli
Museum Haus Konstruktiv
Svizzera
Zürich
Zürich

Autori

Dettagli Nome Ritratto
Rani Magnani

Artisti

Mostre / Eventi

Titolo Data Tipo Località Paese Dettagli
Werkschau 2023 - Esposizione Zürich Svizzera
-
Esposizione
Zürich
Svizzera